geb. 24. Juli 1922, Wien
verst. 30. April 2007, Mödling[1]
Anna, genannt Anny, Kumpost wird in Wien geboren. Sie ist zwölf Jahre jünger als ihre ältere Schwester Emilia. Die Nachzüglerin wächst in der Rosenhügelsiedlung auf. Die Kleingartengenossenschaft ist ein Pionierprojekt der 1920er-Jahre, das der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg mit Selbsthilfe begegnet. Der Vater von Anna Kumpost ist Oberlehrer und zuletzt Schuldirektor der Knabenvolksschule in Wien 12., Vierthalergasse 11–13.
Im Mai 1939 heiratet Anna, die damals noch keine 17 Jahre alt ist, Wilhelm Wottle. Die Familie ihres Mannes wohnt wenige Häuser weiter am Rosenhügel. Bald darauf kommt eine Tochter zur Welt. Die Ehe ist nur von kurzer Dauer. Mit der Scheidung Anfang 1941 nimmt die junge Frau ihren Geburtsnamen wieder an.
Ungefähr zeitgleich tritt Anna Kumpost in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung ein, wo sie Brunner II als Stenotypistin zugeteilt wird. Bis Ende April 1942 arbeitet sie dem Leiter der »Kommissionierungen« in den Sammellagern zu. Danach wechselt Kumpost zur Gestapo-Leitstelle Wien am Morzinplatz in das dortige »Judenreferat« IV B 4. Referatsleiter ist SS-Obersturmführer Johann Rixinger.
Ab 1943 übernimmt dieses Referat die Agenden der Zentralstelle für jüdische Auswanderung und ist für die Fortführung der Deportationen aus Wien zuständig. Dazu gehören die Räumung von Wohnungen, die Einziehung von volks- und staatsfeindlichen Vermögen sowie die Aberkennung der deutschen Reichsangehörigkeit.
Anna, die ab 1943 wieder verheiratet Lehofer heißt, arbeitet vornehmlich für Kriminalsekretär Karl Zeitlhofer. Wenn Wohnungen Deportierter geräumt werden, begleiten ihn seine junge Schreibkraft sowie jüdische Zwangsarbeiter, deren Aufgabe es ist, die Möbel in die Depots der Gestapo zu transportieren. 1947 dazu befragt, zeichnet die junge Frau diese Einsätze in durchaus positivem Licht: In den seltenen Fällen, in denen man die jüdischen Vormieter antraf, habe ihr Vorgesetzter diese »nicht besonders gehässig« behandelt. Auch zu den zwangsverpflichteten jüdischen Arbeitern sei man »sehr nett« gewesen.
Über Annas beruflichen Werdegang nach 1945 ist nichts bekannt. Ihre zweite Ehe mit Franz Lehofer, mit dem sie ebenfalls ein Kind hat, wird 1947 geschieden. 1958 geht sie eine dritte Ehe mit Josef Grettler ein.
Anna, genannt Anny, Kumpost wird in Wien geboren.[2] Sie ist zwölf Jahre jünger als ihre ältere Schwester Emilia; zwei Schwestern sterben 1907 und 1915 unmittelbar nach der Geburt. Anna, als Nachzüglerin, wächst in der Rosenhügelsiedlung auf. Die Kleingartengenossenschaft ist ein Pionierprojekt der 1920er-Jahre, das der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg mit Selbsthilfe begegnet. Der Vater von Anna Kumpost ist Oberlehrer und zuletzt Schuldirektor der Knabenvolksschule in Wien, 12., Meidling, Vierthalergasse 11–13.[3]
Im Mai 1939 heiratet Anna, die damals noch keine 17 Jahre alt ist, Wilhelm Wottle.[4] Die Familie ihres Mannes wohnt wenige Häuser weiter am Rosenhügel. Bald darauf kommt eine Tochter zur Welt. 1940 heiratet Schwester Emilie Wilhelms Bruder.[5] Trotz der engen familiären Verbindungen ist Annas Ehe nur von kurzer Dauer. Mit der Scheidung Anfang 1941 nimmt die junge Frau ihren Geburtsnamen wieder an.[6]
Ungefähr zeitgleich tritt Anna Kumpost in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung ein, wo sie Brunner II als Stenotypistin zugeteilt wird. Bis Ende April 1942 arbeitet sie dem Leiter der „Kommissionierungen“ in den Sammellagern zu. Danach wechselt Kumpost zur Gestapo-Leitstelle Wien am Morzinplatz in das dortige „Judenreferat“ IV B 4.[7] Referatsleiter ist SS-Obersturmführer Johann Rixinger.Ab 1943 übernimmt dieses Referat die Agenden der Zentralstelle für jüdische Auswanderung und ist für die Fortführung der Deportationen aus Wien zuständig.[8] Dazu gehören die Räumung von Wohnungen, die Einziehung von volks- und staatsfeindlichen Vermögen sowie die Aberkennung der deutschen Reichsangehörigkeit.[9]
Anna, die ab 1943 wieder verheiratet Lehofer heißt,[10] arbeitet vornehmlich für Kriminalsekretär Karl Zeitlhofer. Wenn Wohnungen Deportierter geräumt werden, begleiten ihn seine junge Schreibkraft sowie jüdische Zwangsarbeiter, deren Aufgabe es ist, die Möbel in die Depotsder Gestapo zu transportieren.[11] 1947 dazu befragt, zeichnet die junge Frau diese Einsätze in durchaus positivem Licht: In den seltenen Fällen, in denen man die jüdischen Vormieter antraf, habe ihr Vorgesetzter diese „nicht besonders gehässig“ behandelt. Auch zu den zwangsverpflichteten jüdischen Arbeitern sei man „sehr nett“ gewesen.[12]
Über Annas beruflichen Werdegang nach 1945 ist nichts bekannt. Ihre zweite Ehe mit Franz Lehofer,[13] mit dem sie ebenfalls ein Kind hat, wird 1947 geschieden. 1958 geht sie eine dritte Ehe mit Josef Grettler ein.[14]
[1] Friedhof Südwest, Grab 5-6-5.
[2] Pfarre r. k. Hetzendorf, Taufbuch, Bd. 8, fol. 173; Pfarre r. k. Lainz, Taufbuch, Bd. 11, fol. 200. Eltern: Johann Kumpost, Emilia geb. Hermann.
[3] Wien Geschichte Wiki, VS Vierthalergasse 11–13 (abgerufen 28.2.2024).
[4] Wilhelm Wottle, geb. 30.3.1916, Wien, verst. 20.3.1970, Wien. Wottle, Inhaber des Pornografie-Verlags Nirwana, wird nach 1945 wegen Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit, Betrugs und fahrlässiger Krida mehrfach verurteilt.
[5] Emilia geb. Kumpost, 21.11.1910, Wien, verst. 1.2.1984, Wien; verh. (1) Wottle, 1940, (2) unbek. Pfarre r. k. Hetzendorf, Bd. 7, fol. 172. Ing. Friedrich (Fritz) Wottle, Musiker, geb. 15.1.1909, Innsbruck, verst. 3.5.1943, Wien. Pfarre Innsbruck-Pradl, Taufbuch MF0716-5, fol. 206.
[6] WStLA, LGfZRS, A24, Zl. 6 Cg 47/41.
[7] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 731/55, Bd. 1, fol. 265–266. Zeugenvernehmung Anna Lehofer, 25.9.1947.
[8] Ebd., Bd. 1, fol. 33–34 Zeugenvernehmung Johann Rixinger, 23.8.1948.
[9] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5840/47. Geschäftsverteilungsplan der Staatspolizeileitstelle Wien, 1.5.1944.
[10] WStLA, Standesamt Meidling, Familienbuch, Zl. 449/43.
[11] Vgl. Gerhard Zeillinger, Überleben: Der Gürtel des Walter Fantl, Wien 2018, 88.
[12] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 731/55, Bd. 1, fol. 265–266. Zeugenvernehmung Anna Lehofer, 25.9.1947.
[13] Franz Lehofer, Maschinenschlosser, geb. 30.1.1919, Wien, verst. 21.8.1987, Wien.
[14] Standesamt Margareten, Familienbuch, Zl. 821/58.