Täter & Täterinnen
Biografien

Täter & Täterinnen
Biografien

Mann in dunklem Anzug mit runder Brille mit dunklem Gestell, weißes, leicht gestreiftes Hemd, Krawatte. Blick rechts an der Kamera vorbei. © Deutsches Bundesarchiv
Ferdinand Daurach © Deutsches Bundesarchiv
Frontralportrait von Mann in Uniform, runde Brille mit hellem Gestell, SS am Hemdkragen. Blick rechts an der Kamera vorbei. © Wiener Stadt- und Landesarchiv
Ferdinand Daurach © Wiener Stadt- und Landesarchiv

Ferdinand Daurach

SS-Untersturmführer

geb. 3. September 1912, Wien
verst. 25. November 1997 , Wien[1]


Ferdinand Daurach wächst in Wien-Margareten auf. Sein Vater, ein Polizeibeamter, stirbt 1917 im 35. Lebensjahr; die Mutter bleibt mit zwei Kleinkindern zurück. Als Schüler ist Daurach Mitglied des Katholischen Reichsbundes. Nach Absolvierung einer kaufmännischen Fortbildungsschule arbeitet Daurach als Buchhalter in ein Textilwarengeschäft, das jedoch 1930 in Konkurs geht. Er meldet sich daraufhin arbeitslos und verbringt die nächsten vier Jahre bei Verwandten in Südmähren.

 

1936 tritt Daurach in die NSDAP und die SS-Standarte 89 ein. Von März 1937 bis zum »Anschluss« ist er im SS-Nachrichtendienst als Bezirksleiter in Margareten tätig. Mit dem »Anschluss« wird Daurach in den SD übernommen. Im Sommer 1938 nimmt er eine Stelle bei der AEG-Union in Stadlau an. Anfang 1939 durchläuft er eine Ausbildung zum MG-Schützen bei der Wehrmacht.

 

Aufgrund seiner SS-Zugehörigkeit gelingt es Daurach, einen Posten in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien zu bekommen. Bei Dienstantritt im Oktober 1939 führt ihn sein erster Einsatz in die schlesische Hauptstadt Kattowitz im besetzten Polen, wo er an ersten Deportationen in das Lager Nisko am San mitwirkt. In die Wiener Zentralstelle zurückgekehrt, ist Daurach mit Buchhaltung und Verwaltungsarbeiten beschäftigt, wobei er als Kassier von Bargeld auch an »Kommissionierungen« teilnimmt. Daurach bleibt bis zu deren Auflösung 1943 in der Zentralstelle in Wien, zuletzt als Verwaltungsführer, und wechselt dann nach Prag in die Verwaltungsstelle des Auswanderungsfonds für Böhmen und Mähren.

 

Anfang 1944 rückt Daurach bei der Waffen-SS ein, vorerst mit Standort Arolsen und Dachau. Danach ist er mit der 16. SS-Panzergrenadierdivision in Italien und Ungarn stationiert. Diese Einheit mit dem Beinamen »Reichsführer SS« ist überproportional häufig an Tötungen von Zivilist:innen beteiligt.

 

Daurach gerät 1945 in britische Kriegsgefangenschaft. Infolge seiner Überstellung nach Wien erhebt das Volksgericht Anfang 1946 Anklage wegen Hochverrats. Daurach versucht, seine Beschäftigung in der Zentralstelle abzustreiten. Das Urteil fällt milde aus. Er wird zu nur einem Jahr schweren Kerkers verurteilt. Er kommt somit unter Anrechnung der Untersuchungshaft bereits nach fünf Wochen frei.

 

Nach seiner Entlassung ist Daurach vorübergehend als Hilfsarbeiter bei einem Wiener Bauunternehmen beschäftigt, dann arbeitslos. Später ist er viele Jahre als Buchhalter tätig. Bis zu seiner Eheschließung 1954 ist Daurach bei seiner Mutter in Margareten gemeldet. Danach zieht er an den Stadtrand zu seiner Frau Helene Baumgruber, die aus einer Gastwirtsfamilie in Neuwaldegg stammt. 1957 wird Daurachs Verurteilung durch Amnestie getilgt, die noch nicht bezahlten Kosten des Strafverfahrens werden nachgelassen.

Ferdinand Daurach wächst in Wien, 5., Margareten auf.[2] Sein Vater, ein Polizeibeamter, stirbt 1917 im 35. Lebensjahr; die Mutter bleibt mit zwei Kleinkindern zurück. Als Schüler ist Daurach Mitglied des Katholischen Reichsbundes.[3] Nach Absolvierung einer kaufmännischen Fortbildungsschule arbeitet Daurach als Buchhalter in einem Textilwarengeschäft, das jedoch 1930 in Konkurs geht.[4] Er meldet sich daraufhin arbeitslos und verbringt die nächsten vier Jahre bei Verwandten in Südmähren.


1936 tritt Daurach in die NSDAP und die SS-Standarte 89 ein. Von März 1937 bis zum „Anschluss“ ist er im SS-Nachrichtendienst als Bezirksleiter in Margareten tätig. Mit dem „Anschluss“ wird Daurach in den SD übernommen. Im Sommer 1938 nimmt er eine Stelle bei der AEG-Union in Stadlau an.[5] Anfang 1939 durchläuft er eine Ausbildung zum MG-Schützen bei der Wehrmacht.[6]


Aufgrund seiner SS-Zugehörigkeit gelingt es Daurach, einen Posten in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien zu bekommen. Bei Dienstantritt im Oktober 1939 führt ihn sein erster Einsatz in die schlesische Hauptstadt Kattowitz im besetzten Polen, wo er an ersten Deportationen in das Lager Nisko am San mitwirkt. In die Wiener Zentralstelle zurückgekehrt, ist Daurach mit Buchhaltung und Verwaltungsarbeiten beschäftigt,[7] wobei er als Kassier von Bargeld auch an „Kommissionierungen“ teilnimmt.[8] Daurach bleibt bis zu deren Auflösung 1943 in der Zentralstelle in Wien, zuletzt als Verwaltungsführer,[9] und wechselt dann nach Prag in die Verwaltungsstelle des Auswanderungsfonds für Böhmen und Mähren.[10]


Anfang 1944 rückt Daurach bei der Waffen-SS ein, vorerst mit Standort Arolsen und Dachau. Danach ist er mit der 16. SS-Panzergrenadierdivision in Italien und Ungarn stationiert.[11] Diese Einheit mit dem Beinamen „Reichsführer SS“ ist überproportional häufig an Tötungen von Zivilist:innen beteiligt.[12]


Daurach gerät 1945 in britische Kriegsgefangenschaft. Infolge seiner Überstellung nach Wien erhebt das Volksgericht Anfang 1946 Anklage wegen Hochverrats. Daurach versucht, seine Beschäftigung in der Zentralstelle abzustreiten. Das Urteil fällt milde aus. Er wird zu nur einem Jahr schweren Kerkers verurteilt.[13] Er kommt somit unter Anrechnung der Untersuchungshaft bereits nach fünf Wochen frei.[14]


Nach seiner Entlassung ist Daurach vorübergehend als Hilfsarbeiter bei einem Wiener Bauunternehmen beschäftigt,[15] dann arbeitslos.[16] Später ist er viele Jahre als Buchhalter tätig.[17] Bis zu seiner Eheschließung 1954 ist Daurach bei seiner Mutter in Margareten gemeldet. Danach zieht er an den Stadtrand zu seiner Frau Helene Baumgruber,[18] die aus einer Gastwirtsfamilie in Neuwaldegg stammt.[19] 1957 wird Daurachs Verurteilung durch Amnestie getilgt, die noch nicht bezahlten Kosten des Strafverfahrens werden nachgelassen.

[1] Friedhof Dornbach, Grab 2-3.

[2] Pfarre r. k. St. Florian (Matzleinsdorf), Taufbuch, Bd. 74, fol. 34. Eltern: Konrad Daurach, Christina geb. Istum.

[3] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5298/46, fol. 41–44. Niederschrift, 26.6.1946.

[4] Drei Millionen Schilling Schulden, Der Tag, 12.11.1930, 15.

[5] BArch Berlin, RSHA, Sign. R58/11244, fol. 24. Lebenslauf.

[6] Ebd., fol. 28. Beurteilung, 12.7.1940.

[7] Ebd.

[8] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5298/46, fol. 91–92. Zeugenvernehmung Josef Weiszl, 11.10.1946.

[9] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 3, Bd. 5, fol. 85–94. Zeugenvernehmung Ernst Girzick, 14.9.1961.

[10] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5298/46, fol. 61b–c. Vernehmung des Beschuldigten, 22.7.1946.

[11] Ebd., fol. 41–44. Niederschrift, 26.6.1946.

[12] Carlo Gentile, „Politische Soldaten“: Die 16. SS-Panzer-Grenadier-Division „Reichsführer-SS“ in Italien 1944, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, Bd. 81 (2001), 529–561.

[13] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5298/46, fol. 109–112. Urteil, 27.2.1947.

[14] Ebd., fol. 119. Gefangenenhaus Kartei.

[15] WStLA, MA119, A42, NS-Registrierung. Meldeblatt.

[16] Ebd. Arbeitsamt Angestellte, 25.8.1950.

[17] Wiener Adressbuch, 1955; 1965.

[18] Helene Daurach, geb. Baumgruber, 27.11.1923, verst. 10.3.1998. Pfarre r. k. Dornbach, Taufbuch, Bd. 14, fol. 27.

[19] Lehmanns Wohnungsanzeiger, 1938.

[20] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5298/46, fol. 127. Beschluss, 7.5.1957.