geb. 24. November 1923, Gerasdorf
verst. 31. Juli 1984[1]
Erna Fingernagel wird in Gerasdorf bei Wien geboren, wächst aber in Horitschon nahe Oberpullendorf im Burgenland auf, wo ihr Vater für die Österreichischen Staatsbahnen als Stationsvorstand arbeitet. Im April 1938, nach Beendigung der Pflichtschule, tritt Erna Fingernagel in das von den Nationalsozialisten eingeführte Landjahr ein. Es bietet jungen Frauen Beschäftigung in der Haus- und Landwirtschaft und ist zugleich eine Maßnahme, um Nachwuchs in sozialen Berufen zu schaffen und den Nationalsozialismus familiär zu verankern.
Von Anfang 1939 bis Mitte 1942 arbeitet Erna Fingernagel als Stenotypistin, unter anderem in einer Molkereigenossenschaft. Im August 1942 kommt sie zur Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien. Sie folgt damit ihrer älteren Schwester Gerta Spath, die wegen der Geburt ihres ersten Kindes aus dem Dienst austritt. Die Zentralstelle befindet sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Prinz-Eugen-Straße, sondern im Sammellager in Wien 2., Castellezgasse 35. Erna Fingernagel wohnt in der Dienststelle.
Erna Fingernagel bleibt nur kurzfristig in Wien, bevor sie in das RSHA nach Berlin versetzt wird. Dort arbeitet sie vorerst für Karl Hrosinek, dann für Friedrich Boßhammer und schließlich ab Anfang 1944 für Franz Novak bzw. dessen Nachfolger Fritz Martin, die gemeinsam die Deportationen von Jüdinnen und Juden aus dem gesamten Reichsgebiet koordinieren. Im Februar 1945 wird Erna Fingernagel nach Prag kommandiert, wo sie das dortige Referat IV B 4 in Auflösung vorfindet. Angesichts des nahenden Kriegsendes schlägt sie sich mit einer Kollegin nach Österreich durch.
Erna Fingernagel übersiedelt im Frühjahr 1949 nach Dresden zu ihrem Verlobten, Karl-Heinz Erler, den sie bald heiratet. 1952 setzt sich die Familie nach Westdeutschland ab und lässt sich in Frankfurt am Main nieder. Ihr Mann arbeitet als Zollbeamter.
Als weibliche Hilfskraft ohne Parteimitgliedschaft muss sich Erna Erler nicht gerichtlich verantworten. Sie wird erstmals 1966 in dem vor dem Berliner Kammergericht geführten Verfahren gegen Friedrich Boßhammer und andere leitende Mitarbeiter des RSHA als Zeugin befragt. Sie gibt an, den Begriff »Endlösung der Judenfrage« aus ihrer Arbeit im Eichmann-Referat zwar gekannt, jedoch nicht gewusst zu haben, dass damit die systematische Ermordung von Jüdinnen und Juden zu verstehen war. 1969, im Verfahren gegen ihren ehemaligen Vorgesetzten Frank Novak, bekräftigt sie diese Behauptung. Sie habe geschrieben, was ihr diktiert wurde, den Inhalt aber nicht hinterfragt.
Erna Fingernagel wird in Gerasdorf bei Wien geboren,[2] wächst aber in Horitschon nahe Oberpullendorf im Burgenland auf, wo ihr Vater für die Österreichischen Staatsbahnen als Stationsvorstand arbeitet. Im April 1938, nach Beendigung der Pflichtschule, tritt Erna Fingernagel in das von den Nationalsozialisten eingeführte Landjahr ein. Es bietet jungen Frauen Beschäftigung in der Hausund Landwirtschaft und ist zugleich eine Maßnahme, um Nachwuchs in sozialen Berufen zu schaffen und den Nationalsozialismus familiär zu verankern.
Von Anfang 1939 bis Mitte 1942 arbeitet Erna Fingernagel als Stenotypistin, unter anderem in einer Molkereigenossenschaft.[3] Im August 1942 kommt sie zur Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien.[4] Sie folgt damit ihrer älteren Schwester Gerta Spath, die wegen der Geburt ihres ersten Kindes aus dem Dienst austritt. Die Zentralstelle befindet sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Prinz-Eugen-Straße, sondern im Sammellager in Wien, 2., Leopoldstadt, Castellezgasse 35. Erna Fingernagel wohnt in der Dienststelle.[5]
Erna Fingernagel bleibt nur kurzfristig in Wien, bevor sie in das RSHA nach Berlin versetzt wird. Dort arbeitet sie vorerst für Karl Hrosinek, dann für Friedrich Boßhammer und schließlich ab Anfang 1944 für Franz Novak bzw. dessen Nachfolger Fritz Martin, die gemeinsam die Deportationen von Jüdinnen und Juden aus dem gesamten Reichsgebiet koordinieren.[6] Im Februar 1945 wird Erna Fingernagel nach Prag kommandiert, wo sie das dortige Referat IV B 4 in Auflösung vorfindet. Angesichts des nahenden Kriegsendes schlägt sie sich mit einer Kollegin nach Österreich durch.
Erna Fingernagel übersiedelt im Frühjahr 1949 nach Dresden zu ihrem Verlobten Karl-Heinz Erler, den sie bald heiratet. 1952 setzt sich die Familie nach Westdeutschland ab und lässt sich in Frankfurt am Main nieder. Ihr Mann arbeitet als Zollbeamter.[7]
[1] PVA, Mitteilung, Juni 2024.
[2] Pfarre r. k. Gerasdorf, Taufbuch, Bd. 8, fol. 233. Eltern: Johann Fingernagel, Barbara geb. Reinbacher.
[3] LAB, B Rep. 057-01, Nr. 3866. Niederschrift Erna Erler, 13.9.1968.
[4] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 6, Bd. 14, fol. 497–513a. Zeugenvernehmung Erna Erler, 22.2.1966.
[5] WStLA, Historische Meldedaten.
[6] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 6, Bd. 14, fol. 497–513a. Zeugenvernehmung Erna Erler, 22.2.1966.
[7] Deutsche Telefonbücher 1915–1981. www.ancestry.de (abgerufen 23.4.2024).
[8] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 6, Bd. 14, fol. 497–513a. Zeugenvernehmung Erna Erler, 22.2.1966.
[9] Ebd., Teil 7, Bd. 15, fol. 393–409. Hauptverhandlung, 12.12.1969.