Täter & Täterinnen
Biografien

Täter & Täterinnen
Biografien

Frontalaufnahme von Mann mit Uniform, unter dem Krawattenkonten ist eine Hakenkreuz-Pinnadel. © Österreichisches Staatsarchiv
Konrad Großberger © Österreichisches Staatsarchiv

Konrad Großberger

SS-Obersturmführer

geb. 2. Mai 1908, Esseklee/Nesachleby
verst. 15. Mai 1988[1]


Konrad Großberger wird in Südmähren als ältestes von sechs Kindern geboren. Sein Vater ist ursprünglich Kleinhäusler, später Postbeamter in Znaim. Infolge des Zusammenbruchs der k. u. k. Monarchie und der Staatsgründung der Tschechoslowakei kommt es nach 1918 zur Übersiedlung nach Wien. Die Familie wohnt unter ärmlichsten Verhältnissen am Floridsdorfer Spitz.

 

Großberger besucht die Bürgerschule und eine Klasse Handelsschule. 1923 bis 1925 ist er als Hilfsbediensteter bei der Post beschäftigt, danach lange arbeitslos. 1927 wird er Infanterist im österreichischen Bundesheer. Der athletische, groß gewachsene Mann verpflichtet sich auf sechs Jahre, wird jedoch 1929 als untauglich ausgeschieden. Danach kommt er in einer landwirtschaftlichen Maschinenfabrik unter, später als Matrose bei der Ersten Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft. Daneben betätigt er sich politisch: Großberger tritt bereits 1926, 18-jährig, in die NSDAP ein und erhält die Mitgliedsnummer 52.022. Er ist vorerst bei der HJ, dann bei der SA und schließlich bei der SS. 1930 kommt es zu einer 24-stündigen Arreststrafe, nachdem er mit zwei Gesinnungsgenossen einen jüdischen Studenten in Floridsdorf überfällt.

 

1934 heiratet Großberger. Seine Braut Marie Diemer ist von Beruf Stubenmädchen und hochschwanger. Nachdem er sich in der Verbotszeit täglich bei der Polizei melden muss, setzt sich Großberger 1935 nach Deutschland ab. Er ist zunächst im SS-Lager bei Bayreuth stationiert. 1936 erwirbt er die deutsche Staatsbürgerschaft und arbeitet bis 1938 im Rang eines Oberscharführers im NSDAP-Flüchtlingshilfswerk in Berlin.

 

Großberger kehrt nach dem »Anschluss« nach Wien zurück, wo er mit Frau und Kind eine erste eigene Gemeindewohnung bezieht. Auch beruflich verläuft das Jahr 1938 vorteilhaft. Der ehemalige Hilfsarbeiter wird Büroangestellter in der NS-Vermögensverkehrsstelle. Bald darauf erhält er eine Wiedergutmachung als »Alter Kämpfer«. Ab Herbst 1939 ist er in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung mit der Dienstführung betraut. Dazu gehört die Personalsachbearbeitung, die Regelung des Parteienverkehrs und die sportliche Ertüchtigung der im Wachdienst stehenden Männer.

 

Nach einer Zwischenstation in Berlin wechselt er in die Zentralstelle in Prag. Während seiner dortigen Dienstzeit wird 1942 ein zweiter Sohn geboren, der kurz darauf stirbt. Auch ein drittes, 1943 außerehelich geborenes Kind, aus Großbergers Verhältnis mit einer Mitarbeiterin der Wiener Zentralstelle, stirbt mit drei Monaten. 1944 ist Großberger in Den Haag stationiert, wo er als Befehlshaber der SIPO und des SD für die besetzten niederländischen Gebiete zuständig ist und die dortigen Deportationen leitet. Ende 1944 erfolgt die Rückversetzung nach Prag. Dort gerät Großberger zu Kriegsende in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung taucht er 1946 in Steyr unter falschem Namen unter.

 

Um 1947 lernt er Irmgard Berthold kennen. Die um 18 Jahre jüngere Frau ist von Beruf Schneiderin. 1948 wird eine gemeinsame Tochter geboren. Nachdem ein Kriminalpolizeieinsatz, um Großberger zu stellen, scheitert, wird er im Herbst 1948 zur Fahndung ausgeschrieben. Seine Verhaftung, bei der auch zwei Schusswaffen sichergestellt werden, gelingt erst 1954. Er geht bereits nach zwei Wochen gegen Gelöbnis frei.

 

Da Großberger nun aktenkundig ist, kann er seine persönlichen Verhältnisse regeln: Er lässt sich scheiden und heiratet seine Lebensgefährtin. 1955 entzieht er sich der österreichischen Gerichtsbarkeit, indem er sich nach Deutschland abmeldet. Sein Zielort ist die bayerische Gemeinde Piding, wo sich ein Grenzdurchgangslager für vertriebene Sudentendeutsche befindet. Der Plan geht auf: Das gegen Großberger laufende Strafverfahren wird 1957 aufgrund der NS-Amnestie eingestellt. Vermutlich kehrt er nach diesem Zeitpunkt, im Wissen, straffrei zu bleiben, nach Österreich zurück.

Konrad Großberger wird in Südmähren als ältestes von sechs Kindern geboren.[2] Sein Vater ist ursprünglich Kleinhäusler, später Postbeamter in Znaim. Infolge des Zusammenbruchs der k. u. k. Monarchie und der Staatsgründung der Tschechoslowakei wird der Vater 1918 vom Dienst suspendiert. Er muss seinen Grund verkaufen und übersiedelt nach Wien, wo er als Briefträger Arbeit findet.[3]


Die Familie wohnt unter ärmlichsten Verhältnissen am Floridsdorfer Spitz. Großberger besucht die dreijährige Bürgerschule und eine Klasse Handelsschule.[4] 1923 bis 1925 ist er als Hilfsbediensteter bei der Post beschäftigt, danach lange arbeitslos.[5] 1927, mit 19 Jahren, wird er Infanterist im österreichischen Bundesheer. Der athletische, groß gewachsene Mann verpflichtet sich auf sechs Jahre, wird jedoch 1929 als untauglich ausgeschieden.[6] Danach kommt er als Magazineur in einer landwirtschaftlichen Maschinenfabrik unter, später als Matrose bei der Ersten Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft.[7]


Daneben betätigt er sich politisch: Großberger tritt bereits 1926, 18-jährig, in die NSDAP ein und erhält die Mitgliedsnummer 52.022.[8] Er ist vorerst bei der HJ, dann bei der SA und schließlich ab 1931 bei der SS.[9] Auch seine Eltern und Geschwister sind in der Bewegung aktiv.[10] 1930 kommt es zu einer 24-stündigen Arreststrafe, nachdem er mit zwei Gesinnungsgenossen einen jüdischen Studenten in Wien, 21., Floridsdorf überfällt und misshandelt.[11]


Ende 1934 heiratet Großberger. Seine Braut Marie Diemer[12] ist von Beruf Stubenmädchen und hochschwanger. Wenig später wird ein Sohn geboren. Nachdem er sich aufgrund illegaler politischer Betätigung in der Verbotszeit täglich bei der Polizei melden muss, setzt sich Großberger 1935 nach Deutschland ab.[13] Er ist zunächst im SS-Lager bei Bayreuth stationiert. 1936 erwirbt er die deutsche Staatsbürgerschaft und arbeitet bis 1938 im Rang eines Oberscharführers im Flüchtlingshilfswerk der NSDAP in Berlin.[14]


Großberger kehrt nach dem „Anschluss“ nach Wien zurück, wo er mit Frau und Kind eine erste eigene Gemeindewohnung in Floridsdorf bezieht.[15] Auch beruflich verläuft das Jahr 1938 vorteilhaft. Der ehemalige Hilfsarbeiter wird Büroangestellter in der NS-Vermögensverkehrsstelle.[16] Bald darauf erhält er eine Wiedergutmachung als „Alter Kämpfer“.[17] Ab November 1939 ist er in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien mit der Dienstführung betraut. Dazu gehören die Personalsachbearbeitung, die Regelung des Parteienverkehrs und die sportliche Ertüchtigung der im Wachdienst stehenden Männer.[18] Großberger wird von seinem Dienstgeber als „schlichter“, „solider“ und „überzeugter Kämpfer“ beschrieben.[19] Dies spiegelt sich in regelmäßigen Beförderungen und Ehrungen wider: Er ist Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP und des Totenkopfringes der SS.


Mitte 1940 rückt Großberger bei der Waffen-SS ein, wobei er aufgrund seines Alters keinen aktiven Dienst leistet.[20] Nach einer Zwischenstation in Berlin wechselt Großberger, nunmehr im Rang eines SS-Obersturmführers, in die Zentralstelle in Prag. Während seiner dortigen Dienstzeit wird 1942 ein zweiter Sohn geboren, der innerhalb weniger Wochen an Lungenentzündung stirbt. Auch ein drittes, 1943 außerehelich geborenes Kind aus Großbergers Verhältnis mit einer ihm untergebenen Mitarbeiterin der Wiener Zentralstelle stirbt mit drei Monaten.[21]


1944 ist Großberger in Den Haag stationiert, wo er als Befehlshaber der SIPO und des SD für die besetzten niederländischen Gebiete zuständig ist und die dortigen Deportationen leitet.[22] Ende 1944 erfolgt die Rückversetzung nach Prag. Dort gerät Großberger zu Kriegsende in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung taucht er 1946 in Steyr unter falschem Namen unter, wobei er dafür die Papiere seines Schwagers benutzt.[23]


Um 1947 lernt er Irmgard Berthold kennen.[24] Die um achtzehn Jahre jüngere Frau ist von Beruf Schneiderin. Im Frühjahr 1948 wird eine gemeinsame Tochter geboren. Da Großberger gesucht wird, liegt es an Irmgard, die Familie durch Strümpfe-Repassieren durchzubringen.[25] Nachdem ein Kriminalpolizeieinsatz, um Großberger anlässlich des Begräbnisses seiner Mutter zu stellen, scheitert,[26] wird er im Herbst 1948 zur Fahndung ausgeschrieben.[27] Seine Verhaftung, bei der auch zwei Schusswaffen sichergestellt werden, gelingt erst im März 1954.[28] Er geht bereits nach zwei Wochen gegen Gelöbnis frei.[29]


Da Großberger nun aktenkundig ist, kann er seine persönlichen Verhältnisse regeln: Er lässt sich Mitte 1954 scheiden und heiratet seine Lebensgefährtin.[30] Nur kurz nimmt er eine Stelle als Hilfsarbeiter bei den Ebenseer Betonwerken an.[31] 1955 entzieht er sich der österreichischen Gerichtsbarkeit, indem er sich nach Deutschland abmeldet. Sein Zielort ist die kleine bayerische Gemeinde Piding im Landkreis Berchtesgaden, wo sich ein Grenzdurchgangslager für vertriebene Sudentendeutsche befindet.[32] Der Plan geht auf: Das gegen Großberger laufende Strafverfahren wird 1957 aufgrund der NS-Amnestie eingestellt.[33] Vermutlich kehrt er nach diesem Zeitpunkt, im Wissen, straffrei zu bleiben, nach Österreich zurück.

[1] Friedhof Stammersdorf-Zentral, Grab 23-4-1 (aufgelassen).

[2] MZA, Acta publica, Matriken Znojmo-Louka, Taufbuch 1906–1921. Essenklee, Bd. XIII, fol. 9. Eltern: Konrad Groszberger [sic], Rosa geb Wolf.

[3] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 247.704. Konrad Großberger sen., 10.5.1938.

[4] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527563, fol. 127–130. Personalangaben.

[5] ÖStA, AdR, 05, Landesverteidigung, GBBl. Nr. 61754. Evidenzblatt für die Zivilberufsausbildung.

[6] Ebd. Aufnahmeschrift.

[7] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527563, fol. 131. Lebenslauf.

[8] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 247.704. NS-Betreuungsstelle, Fragebogen.

[9] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527563, fol. 141–142. Beförderungsvorschlag.

[10] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 247.704. Konrad Großberger sen., 10.5.1938.

[11] Nazi-Krieg: Drei gegen einen, Der Tag, 19.12.1930, 9; Politik in der Bedürfnisanstalt, Illustrierte Kronen-Zeitung, 19.12.1930, 11.

[12] Maria (Marie) geb. Diemer, 23.12.1909, Wien, verst. 6.9.1995, Wien; verh. (1) Großberger, (2) Baumann.

[13] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 247.704. NS-Betreuungsstelle, Fragebogen.

[14] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 29/54, fol. 19–19b. Vernehmung des Beschuldigten Konrad Großberger, 8./9.3.1954.

[15] WStLA, Historische Meldedaten.

[16] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527563, fol. 127–130. Personalangaben.

[17] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 247.704. Kassabestätigung, 11.5.1939.

[18] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527563, fol. 141–142. Beförderungsvorschlag.

[19] Ebd., fol. 121–122. Personalbericht.

[20] Ebd., fol. 141–142. Beförderungsvorschlag.

[21] Standesamt Währing, Geburten, Zl. 2811/43, Anerkenntnis der Vaterschaft 29.10.1943.

[22] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527563, fol. 133. Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD an SS-Personalhauptamt, 23.5.1944.

[23] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 29/54, fol. 19–19b. Vernehmung des Beschuldigten Konrad Großberger, 8./9.3.1954.

[24] Irmgard Großberger, geb. Berthold, 29.5.1926, Wien.

[25] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 29/54, fol. 23–25. Polizeidirektion Wien, Bericht, 8.3.1954.

[26] Ebd., fol. 9–10. Polizeidirektion Wien, Information, 3.9.1948.

[27] Ebd., fol. 5. Polizeidirektion Wien, Anzeige, 8.11.1948.

[28] Ebd., fol. 27. Niederschrift, 8.3.1954.

[29] Ebd., fol. 1–3a. Antrags- und Verfügungsbogen.

[30] WStLA, LGfZRS, A24, Zl. 8 Cg 132/54.

[31] WStLA, MA119, A42, NS-Registrierung, Zl. 7857/XVI. Meldeblatt.

[32] WStLA, Historische Meldedaten.

[33] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 29/54, fol.63. Beschluss, 8.5.1957.