Täter & Täterinnen
Biografien

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Wilhelm Breustedt

SS-Oberscharführer

geb. 18. Juli 1901, Wien
verst. 5. Oktober 1961, Wien[1]


Wilhelm Breustedt stammt aus einer Hietzinger Gastwirtsfamilie. Der Familienbetrieb »Zur Stadt Braunschweig« wird von Breustedts Eltern in zweiter Generation geführt. Ab dem 15. Lebensjahr ist auch der Sohn dort als Kellner beschäftigt. 1922 heiratet Breustedt seine erste Frau und übernimmt ein eigenes Gasthaus in Wien-Mariahilf, das er jedoch bald aufgeben muss. Mehr Glück hat er bei der Erzeugung und dem Vertrieb von Selchwaren. 1924 kehrt er in den elterlichen Betrieb zurück.

 

In seiner Freizeit profiliert sich Breustedt als leidenschaftlicher Motorradfahrer. Nach dem »Anschluss« gelingt es ihm, seine Passion zum Beruf zu machen. 1938 tritt er in die SS-Standarte 89 und in die NSDAP ein. Im folgenden Jahr wird er als Kraftfahrer von der Zentralstelle für jüdische Auswanderung aufgenommen. Breustedt begleitet Adolf Eichmann zunächst nach Prag, später in das RSHA in Berlin. Zu seinen Aufgaben gehören nicht nur tägliche Kurierfahrten zu den Finanzämtern. Im Herbst 1941 chauffiert Breustedt Eichmann nach Minsk und wohnt hier der Massenerschießung von jüdischen Männern, Frauen und Kindern bei.

 

Um Breustedt eine fixe Anstellung beim SD zu ermöglichen, wird Ende 1941 eine bedingte Vorstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr gnadenweise getilgt. Anfang 1942 aber wird Breustedt wegen eines anderen Delikts – Diebstahls und Verbreitung von Dienstgeheimnissen – verhaftet und zu achtzehn Monaten verurteilt. 1943 wird er zur Bewährung an der Front vorzeitig entlassen. Seine Ehe wird um diese Zeit geschieden.

 

Gegen Kriegsende setzt sich Breustedt nach St. Gilgen ab. Er arbeitet in einer Mechanikerwerkstatt in Salzburg, bis er 1946 erneut wegen Diebstahls zu vier Monaten schweren Kerkers verurteilt wird. Im Zuge dessen erfolgt Breustedts Registrierung als ehemaliges NSDAP-Mitglied, was zu seiner Internierung durch die Amerikaner und seiner Zeugenvernehmung in Nürnberg führt.

 

Breustedt kehrt Mitte 1947 nach Wien zurück. 1953 heiratet er seine aus St. Gilgen stammende zweite Frau Elisabeth Ellmauer und lässt sich im 15. Bezirk nieder. Aufgrund von Untersuchungen im Vorfeld des Eichmann-Prozesses wird Breustedt wegen Beteiligung an der Ermordung von Jüdinnen und Juden in Minsk beschuldigt. Aus gesundheitlichen Gründen kann er jedoch nicht mehr vernommen werden: Breustedt stirbt 1961 im Alter von 60 Jahren an einem schweren Leberleiden.

Wilhelm Breustedt stammt aus einer Hietzinger Gastwirtsfamilie. Sein aus Braunschweig stammender Großvater zog in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Wien, in Gefolgschaft des entthronten Königs von Hannover, Georg V. Der Familienbetrieb „Zur Stadt Braunschweig“ in Wien, 13., Auhofstraße 42, liegt in unmittelbarer Nachbarschaft des Braunschweig-Schlössels, des Königs Hietzinger Exil. Breustedts Eltern[2] führen das Wirtshaus in zweiter Generation. Ab dem 15. Lebensjahr ist auch der Sohn dort als Kellner beschäftigt. Die Breustedts sind begeisterte Sportler, und so dient die Restauration mit großem Garten bereits zur Jahrhundertwende als Vereinslokal der Hietzinger Sektion des Arbeiterradfahrvereins[3] und des I. Hietzinger Athletikklubs.[4]


1922 heiratet Breustedt seine erste Frau Therese[5] und übernimmt ein eigenes Gasthaus in Wien, 6., Mariahilf,[6] das er jedoch bald aufgeben muss. Mehr Glück hat er bei der Erzeugung und dem Vertrieb von Selchwaren.[7] 1924 kehrt er in den elterlichen Betrieb zurück. Zu Weihnachten 1927 wird das erste von zwei Kindern geboren. In seiner Freizeit profiliert sich Breustedt als leidenschaftlicher Motorradfahrer. Er ist Mitglied des Österreichischen Motorfahrer-Verbands, bei dessen Heimabenden er gerne als Sänger auftritt und sich den Beinamen „Kanari von Hietzing“ erwirbt.[8]


Nach dem „Anschluss“ gelingt es ihm, seine Passion zum Beruf zu machen. 1938 tritt er in die SS-Standarte 89[9] und in die NSDAP ein.[10] Im folgenden Jahr wird er als Kraftfahrer von der Zentralstelle für jüdische Auswanderung aufgenommen.[11] Breustedt begleitet Adolf Eichmann zunächst nach Prag,[12] später in das RSHA in Berlin. Zu seinen Aufgaben gehören nicht nur tägliche Kurierfahrten zu den Finanzämtern.[13] Im Herbst 1941 chauffiert Breustedt Adolf Eichmann nach Minsk und wohnt hier der Massenerschießung von jüdischen Männern, Frauen und Kindern bei.[14]


Um Breustedt eine fixe Anstellung beim SD zu ermöglichen, wird Ende 1941 eine bedingte Vorstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr[15] durch einen Erlass des Reichsministers der Justiz gnadenweise getilgt.[16] Anfang 1942 aber wird Breustedt wegen eines anderen Delikts – Diebstahls und Verbreitung von Dienstgeheimnissen – verhaftet und zu achtzehn Monaten verurteilt. Die Haft sitzt er teils in Berlin, teils im Strafvollzugslager Danzig-Matzkau, einem Gefangenenlager für Angehörige der SS und Polizei, ab.[17] 1943 wird er zur Bewährung an der Front vorzeitig entlassen.[18] Seine Ehe wird um diese Zeit geschieden. Breustedts spätere Behauptung, danach als Kraftfahrer bei einer Wäscherei in Wien gearbeitet zu haben, lässt sich nicht überprüfen.[19]


Gegen Kriegsende setzt sich Breustedt nach St. Gilgen ab. Er arbeitet in einer Mechanikerwerkstatt in Salzburg, bis er 1946 erneut wegen Diebstahls zu vier Monaten schweren Kerkers verurteilt wird.[20] Im Zuge dessen erfolgt Breustedts Registrierung als ehemaliges NSDAP-Mitglied, was zu seiner Internierung durch die Amerikaner und seiner Zeugenvernehmung in Nürnberg führt.[21]


Breustedt kehrt Mitte 1947 nach Wien zurück. 1953 heiratet er seine aus St. Gilgen stammende zweite Frau Elisabeth Ellmauer[22] und lässt sich in Wien, 15., Rudolfsheim-Fünfhaus nieder.[23] Aufgrund von Untersuchungen im Vorfeld des Eichmann-Prozesses wird Breustedt wegen Beteiligung an der Ermordung von Jüdinnen und Juden in Minsk beschuldigt. Aus gesundheitlichen Gründen kann er jedoch nicht mehr vernommen werden: Breustedt stirbt 1961 im Alter von 60 Jahren an einem schweren Leberleiden.


[1] Friedhof Hietzing, Grab 2-24 (aufgelassen).

[2] Wilhelm Breustedt sen. und Antonie Breustedt, geb. Hrubick (auch: Rubik).

[3] Siehe z. B.: Arbeiter-Zeitung, 21.5.1909, 7.

[4] Siehe z. B.: Deutsches Volksblatt, 23.3.1909, 20.

[5] WStLA, Gauakt, Gaukartei, K1/51.

[6] Lehmanns Wohnungsanzeiger, 1923.

[7] Lehmanns Wohnungsanzeiger, 1924.

[8] Sektion Schönbrunn, Das Motorrad, 15.1.1935, 31.

[9] WStLA, Gauakt, Gaukartei, K1/51.

[10] SLA, BH Salzburg-Umgebung, NS-Fragebögen der Gemeinde St. Gilgen, Karton 38. Fragebogen.

[11] ÖStA, AdR, BMI. Staatsanwaltschaft Wien an BMI, 11.8.1961.

[12] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 92.035. Ummeldung.

[13] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 8150/61, fol. 25–37. Vernehmung Wilhelm Breustedt, 16.1.1947.

[14] Ebd., fol. 41–45. Eidesstattliche Erklärung, 16.1.1947.

[15] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 92.035. Gnadengesuch, 7.6.1941.

[16] Ebd. Reichsminister der Justiz an Kanzlei des Führers, 2.1.1942. BArch Berlin, Reichsjustizministerium, Sign. R 3001/169568.

[17] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 8150/61, fol. 25–37. Vernehmung Wilhelm Breustedt, 16.1.1947.

[18] SLA, BH Salzburg-Umgebung, NS-Fragebögen der Gemeinde St. Gilgen, Karton 38. Lebenslauf.

[19] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 8150/61, fol. 25–37. Vernehmung Wilhelm Breustedt, 16.1.1947.

[20] Ein überführter Dieb, Salzburger Nachrichten, 20.2.1946, 3.

[21] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 8150/61, fol. 23. Interrogation Summary no. 935, 16.1.1947.

[22] Elisabeth Breustedt, geb. Ellmauer, 19.1.1890, St. Gilgen. Pfarre r. k. St. Gilgen, Taufbuch, Bd. TFBVII, fol. 139.

[23] WStLA, Historische Meldedaten.