geb. 19. April 1923, Wien
verst. 5. Dezember 2013, Wien[1]
Gertrude, genannt Trude, Pichler wächst am Lerchenfelder Gürtel im 7. Bezirk auf. Ihr Vater ist gebürtiger Steirer und arbeitet als Maschinist bei der städtischen Feuerwehr; die Mutter ist von Beruf Näherin. Trude Pichler macht vermutlich über den BDM eine Ausbildung zur Stenotypistin. Sie kommt so zur Zentralstelle für jüdische Auswanderung, wo sie mehrere Jahre beschäftigt bleibt.
1943, nach Abschluss der großen Deportationen, wird Trude Pichler vorerst vom SD-Oberabschnitt Donau mit Sitz in Wien 4., Theresianumgasse 16–18 übernommen. Später wechselt sie gemeinsam mit ihrer Freundin Anna Brunner zur Gestapo-Leitstelle Wien am Morzinplatz. Dort arbeitet Trude Pichler im »Judenreferat« IV B 4, das ab 1943 für die Fortführung der Deportationen aus Wien zuständig ist. Sie ist als Schreibkraft für Kriminalkommissar Johann Rixinger und die fünf weiteren Sachbearbeiter des Referats abgestellt. Zu ihren Aufgaben gehört die Abschrift von Deportationslisten. Auch den brutalen Verhören von Häftlingen wohnt Fräulein Pichler bei, um mittels Schreibmaschine Niederschriften anzufertigen.
Nach Kriegsende übersiedelt Trude Pichler nach Leoben, wo sie für die britische Militärbehörde arbeitet. 1947 wohnt und arbeitet sie in Liezen als Dolmetscherin, wobei unklar ist, woher ihre Sprachkenntnisse stammen. 1948 kehrt sie nach Wien zurück.
Mitte der 1950er-Jahre, im Verfahren gegen Johann Rixinger, sagt Trude Pichler aus, dass ihr kein Fall bekannt sei, bei dem sich ihr ehemaliger Vorgesetzter gegenüber Jüdinnen und Juden »unkorrekt benommen« habe. Im Gegenteil, diese hätten Rixinger »sehr geliebt«. Auch im Verfahren gegen den Gestapo-Mann Karl Zeitlberger sagt Trude Pichler unter Wahrheitspflicht aus, dass niemand je von einem Beamten des »Judenreferats« misshandelt wurde. Auch Drohungen seien zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen worden. Ihre Behauptungen sind derart dreist, dass der Staatsanwalt die Einleitung eines Verfahrens wegen Verdachts der falschen Zeugenaussage beantragt.
Trude Pichler heiratet 1956. Ihr Mann Dr. Robert Wessely ist leitender Mitarbeiter des Wirtschaftsförderungsinstituts der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, der als Fachmann in der Erwachsenenbildung Karriere macht.
Gertrude, genannt Trude, Pichler wächst am Lerchenfelder Gürtel in Wien, 7., auf. Ihr Vater ist gebürtiger Steirer und arbeitet als Maschinist bei der städtischen Feuerwehr; die Mutter ist von Beruf Näherin.[2] Trude Pichler macht vermutlich über den BDM eine Ausbildung zur Stenotypistin. Sie kommt so zur Zentralstelle für jüdische Auswanderung, wo sie mehrere Jahre beschäftigt bleibt.
1943, nach Abschluss der großen Deportationen, wird Trude Pichler vorerst vom SD-Oberabschnitt Donau mit Sitz in Wien, 4., Wieden, Theresianumgasse 16–18 übernommen.[3] Später wechselt sie gemeinsam mit ihrer Freundin Anna Brunner zur Gestapo-Leitstelle Wien am Morzinplatz.[4] Dort arbeitet Trude Pichler im „Judenreferat“ IV B 4, das ab 1943 für die Fortführung der Deportationen aus Wien zuständig ist. Sie ist als Schreibkraft für Kriminalkommissar Johann Rixinger und die fünf weiteren Sachbearbeiter des Referats abgestellt. Zu ihren Aufgaben gehört die Abschrift von Deportationslisten.[5] Auch den brutalen Verhören von Häftlingen wohnt Fräulein Pichler bei, um mittels Schreibmaschine Niederschriften anzufertigen.[6]
Nach Kriegsende übersiedelt Trude Pichler nach Leoben, wo sie für die britische Militärbehörde arbeitet.[7] 1947 wohnt und arbeitet sie in Liezen als Dolmetscherin, wobei unklar ist, woher ihre Sprachkenntnisse stammen.[8] 1948 kehrt sie nach Wien zurück.[9]
Mitte der 1950er-Jahre, im Verfahren gegen Johann Rixinger, sagt Trude Pichler aus, dass ihr kein Fall bekannt sei, bei dem sich ihr ehemaliger Vorgesetzter gegenüber Jüdinnen und Juden „unkorrekt benommen“ habe.[10] Im Gegenteil, diese hätten Rixinger „sehr geliebt“.[11] Auch im Verfahren gegen den Gestapo-Mann Karl Zeitlberger sagt Trude Pichler unter Wahrheitspflicht aus, dass niemand je von einem Beamten des „Judenreferats“ misshandelt wurde.[12] Auch Drohungen seien zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen worden.[13] Ihre Behauptungen sind derart dreist, dass der Staatsanwalt die Einleitung eines Verfahrens wegen Verdachts der falschen Zeugenaussage beantragt.[14]
Trude Pichler heiratet 1956.[15] Ihr Mann Dr. Robert Wessely[16] ist leitender Mitarbeiter des Wirtschaftsförderungsinstituts der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und macht als Fachmann in der Erwachsenenbildung Karriere.[17]
[1] Friedhof Grinzing, Grabstelle 31-8-7.
[2] Pfarre r. k. Währing, Trauungsbuch, Bd. 39, fol. 220. Eltern: Johann Pichler, Maria Střelka.
[3] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 871/55, fol. 261. Josef Weiszl an seine Frau Pauline, 7.4.1943.
[4] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5505/1946, fol. 73. Niederschrift Anna Brunner, 17.6.1946.
[5] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 1866/60, fol. 369–371. Zeugenvernehmung Gertrude Pichler, 2.6.1954.
[6] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 731/55, Bd. 1, fol. 357–359a. Zeugenvernehmung Gertrude Pichler, 9.9.1954.
[7] VWI, Eichmann Mappe, unfol. Liste der Personen, die mit Eichmann zusammengearbeitet haben.
[8] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 7486/46, fol. 65. Zeugenvernehmung Gertrude Pichler, 19.2.1947.
[9] WStLA, Historische Meldedaten.
[10] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 1866/60, fol. 369–371. Zeugenvernehmung Gertrude Pichler, 2.6.1954.
[11] Ebd., fol. 290f. Zeugenvernehmung Gertrude Pichler, 4.3.1959.
[12] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 731/55, Bd. 1, fol. 357–359a. Zeugenvernehmung Gertrude Pichler, 9.9.1954.
[13] Ebd., Bd. II, fol. 637–675. 2. Verhandlungstag, 20.11.1956.
[14] Ebd., fol. 677–685. 3. Verhandlungstag, 21.11.1956.
[15] Standesamtliche Aufgebote, Amtsblatt der Stadt Wien, 18.4.1956, 9.
[16] Dr. phil. Robert Wessely, geb. 2.7.1921, verst. 8.5.2015.
[17] Werbung für Erwachsenenbildung, Burgenländische Freiheit, 28.9.1972, 32.