Täter & Täterinnen
Biografien

Täter & Täterinnen
Biografien

Frau mit etwa kinnlangen braunen Locken, schwarz-weiß gemustertem Blazer, blickt rechts an der Kamera vorbei. © Privat
Leopoldine Melichar © Privat

Leopoldine Melichar

verh. Ebhart


geb. Ofenböck, 28. April 1915, Katzelsdorf an der Leitha
verst. 5. Dezember 1990, Neunkirchen


Leopoldine, genannt Poldi, Ofenböck wird in Katzelsdorf nahe Wiener Neustadt geboren. Vater und Großvater sind Betreiber des Schlossheurigen in der kleinen Gemeinde. Auch die mütterlichen Verwandten in Baden bei Wien sind Gastwirte. Tochter Poldi arbeitet im Familienbetrieb in Katzelsdorf mit. Dort lernt sie ihren späteren Mann Rudolf Melichar kennen. Der Wiener ist bei der Luftwaffe in der Kaserne Wiener Neustadt stationiert, wo er eine Ausbildung zum Kriegsberichterstatter absolviert. Er ist Mitglied der illegalen NSDAP und SS-Mann.

 

1938 übersiedelt Leopoldine Ofenböck zu ihm nach Wien. Sie nimmt vorerst eine Stelle als Hausgehilfin an. Mit Rudolf Melichars Eintritt in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung verändern sich auch ihre Berufsperspektiven. Nachdem sie einen Kurs für Stenotypistinnen besucht, kann Melichar seine Freundin in der Zentralstelle als Bürokraft unterbringen. Er selbst scheidet im Spätsommer 1939 scheidet aus der Zentralstelle aus, um sich zur Wehrmacht versetzen zu lassen. Beim Überfall auf Polen im September 1939 wird Rudolf Melichar verwundet. Wenige Wochen später heiratet das Paar.

 

Während Rudolf Melichar die Kriegsjahre als Fotograf bei einer Propagandakompanie eingerückt ist, bleibt Leopoldine Melichar weiterhin in der Zentralstelle beschäftigt. Sie arbeitet im ersten Stock bei Polizei, Pass und Devisenstelle. Sie soll sich unter Ausnutzung ihrer dienstlichen Gewalt speziell an Frauen vergangen und an Anzeigen nicht gespart haben. Nach Kriegsende, als Zeugin im Prozess gegen ihre ehemalige Kollegin Anna Brunner, entschlägt sie sich diesbezüglich der Aussage.

 

Leopoldine Melichar tritt 1942 aus der Zentralstelle aus, da sie ein Kind erwartet. Es kommt im Sommer im SS-Mütterheim »Wienerwald« nahe Pernitz zur Welt. Gegen Jahresende übersiedelt die Familie nach Wien 9., Müllnergasse 3. Das neue Zuhause steht bis wenige Wochen vor ihrem Einzug als jüdische Sammelwohnung in Verwendung.

 

Mitte 1944 zieht Leopoldine Melichar mit der kleinen Tochter zu ihrer Familie nach Katzelsdorf zurück und lässt sich von ihrem Mann scheiden. Sie bleibt, nachdem sie sich 1952 wieder verheiratet, in Niederösterreich sesshaft.

Leopoldine, genannt Poldi, Ofenböck wird in Katzelsdorf nahe Wiener Neustadt geboren.[1] Vater und Großvater sind Betreiber des Schlossheurigen in der kleinen Gemeinde. Auch die mütterlichen Verwandten in Baden bei Wien sind Gastwirte. Tochter Poldi arbeitet im Familienbetrieb in Katzelsdorf mit. Dort lernt sie ihren späteren Mann Rudolf Melichar kennen.[2] Der Wiener ist bei der Luftwaffe in der Kaserne Wiener Neustadt stationiert, wo er eine Ausbildung zum Kriegsberichterstatter absolviert. Er ist Mitglied der illegalen NSDAP und SS-Mann.


1938 übersiedelt Leopoldine Ofenböck zu ihm nach Wien. Sie nimmt vorerst eine Stelle als Hausgehilfin an.[3] Mit Rudolf Melichars Eintritt in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung verändern sich auch ihre Berufsperspektiven. Nachdem sie einen Kurs für Stenotypistinnen besucht, kann Melichar seine Freundin in der Zentralstelle als Bürokraft unterbringen.[4] Er selbst scheidet im Spätsommer 1939 aus der Zentralstelle aus, um sich zur Wehrmacht versetzen zu lassen. Beim Überfall auf Polen im September 1939 wird Rudolf Melichar verwundet. Wenige Wochen später heiratet das Paar.[5]


Während Rudolf Melichar die Kriegsjahre als Fotograf bei einer Propagandakompanie eingerückt ist, bleibt Leopoldine Melichar weiterhin in der Zentralstelle beschäftigt. Sie arbeitet im ersten Stock bei Polizei, Pass und Devisenstelle.[6] Sie soll sich unter Ausnutzung ihrer dienstlichen Gewalt speziell an Frauen vergangen und an Anzeigen nicht gespart haben.[7] Nach Kriegsende, als Zeugin im Prozess gegen ihre ehemalige Kollegin Anna Brunner, entschlägt sie sich der Aussage.[8]


Leopoldine Melichar tritt 1942 aus der Zentralstelle aus, da sie ein Kind erwartet. Es kommt im Sommer im SS-Mütterheim „Wienerwald“ nahe Pernitz zur Welt. Gegen Jahresende übersiedelt die Familie nach Wien, 9., Alsergrund, Müllnergasse 3. Das neue Zuhause steht bis wenige Wochen vor ihrem Einzug als jüdische Sammelwohnung in Verwendung.[9] Mitte 1944 zieht Leopoldine Melichar mit der kleinen Tochter zu ihrer Familie nach Katzelsdorf zurück und lässt sich von ihrem Mann scheiden.[10] Sie bleibt, nachdem sie sich 1952 wieder verheiratet,[11] in Niederösterreich sesshaft.

[1] Pfarre r. k. Katzelsdorf an der Leitha, Taufbuch, Bd 6, fol. 25. Eltern: Josef Ofenböck, Leopoldine geb. Junger.

[2] Rudolf Melichar, geb. 25.11.1912, Wien, verst. 27.3.1998, Dornbirn.

[3] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5505/46, fol. 127–130. Hauptverhandlung, 17.4.1948.

[4] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/130549. Lebenslauf.

[5] WStLA, Standesamt Währing, Familienbuch, Zl. 1125/39.

[6] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 5505/46, fol. 127–130. Hauptverhandlung, 17.4.1948.

[7] Ebd., fol. 113–120. Hauptverhandlung, 30.3.1948.

[8] Ebd., fol. 127–130. Hauptverhandlung, 17.4.1948.

[9] IKG Archiv, Hausliste Müllnergasse 3 [1941/1942].

[10] WStLA, LGfZRS, Zl. 9 Cg 254/44.

[11] Standesamt Erlach, Familienbuch Zl. 39/52.